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Das Bauchgefühl: Essen, wonach einem ist

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Wer von uns kennt das nicht, dass man plötzlich Appetit auf genau eine Sache bekommt. Nichts stellt einen zufrieden, bis man genau dieses Nahrungsmittel zu sich genommen hat. Woher kommt das?
Ich habe da meine eigene Theorie, die ich hier darlegen möchte. Ich nenne sie "das Bauchgefühl".

Das Bauchgefühl

Jedes Tier muss sich ernähren und ebenso unsere Vorfahren. Die hatten weder Diätpläne, noch Nährwerttabellen zur Hand und haben sich dennoch ernähren können. Das haben sie "aus dem Bauch heraus" getan.
Jedesmal, wenn wir etwas essen, registrieren wir Aussehen, Geschmack und Geruch der Speise. Und unser Körper registriert in der Folge, welche Stoffe wir damit zu uns genommen haben. So lernen wir schon als Babys mit jedem neuen Happen die Nahrung einzuschätzen. Der ganze Vorgang läuft größtenteils unbewusst ab. In der Folge ist es so, dass wann immer wir einen Nährstoff benötigen, wir Appetit auf eine Speise bekommen, von der unser Körper gelernt hat, dass sie diesen Nährstoff enthält.
Je besser diese Einschätzung läuft, desto größer sind die Überlebenschancen eines Tieres beziehungsweise unserer Vorfahren gewesen. Daher wurde dieses System von Generation zu Generation immer besser.

Die Grenzen des Bauchgefühls

So gut dieses System auch funktioniert, es hat auch seine Grenzen. Wir - zumindest in den Industrienationen - leben in einer speziellen Zeit. Die wenigsten müssen echten Hunger leiden. Frische Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Fleisch sind das ganze Jahr verfügbar. Wo es früher Mangel gab, weil der Körper zwar wusste, was ihm fehlt, es aber einfach nicht zu haben war, können wir heute im tiefsten Winter in eine frische Frucht beißen.
Diese Zeiten sind aber historisch die Ausnahme und deswegen ist unser Bauchgefühl darauf geeicht, uns in Zeiten des Mangels alles zu holen, was wir unbedingt brauchen. Es versagt aber dabei, uns bei Dingen zu bremsen, die süß und/oder fettig sind. Historisch gesehen, waren fettreiche und zuckerreiche Nahrungsmittel wie beispielsweise Speck, Butter, Honig oder süße Früchte nicht immer zu haben. Wenn sie mal verfügbar waren, hat man so viel wie möglich davon genommen, denn wann die nächste Gelegenheit kommen würde, wusste man nicht. Unser System brauchte da also keine natürliche Bremse - unser Bauch musste uns nicht sagen, jetzt ist aber mal genug.
Deswegen lieben wir in Fett ausgebackenes, süße Kuchen, süße Getränke und Schokolade. Und unser Bauchgefühl bremst uns nicht wegen der erhöhnten Kalorienzufuhr - und das ist aus Sicht unserer Spezies eine gute Sache. Denn wenn wir oder unsere Nachfahren dann mal wieder eine Notzeit haben, dann ist diese Angewohnheit, sich Reserven anzufuttern wieder überlebensnotwendig. Aus Sicht des Einzelnen in Zeiten des Überflusses ist es aber eine eine Belastung, dort keine Bremse zu haben. Krankheiten wie Übergewicht, Diabetis und daraus enstehenden Kreislauf- und Stoffwechselproblemen sind die Folge.

Das Bauchgefühl trainieren und nutzen

Wenn wir die Grenzen des Bauchgefühls im Kopf behalten, können wir es dennoch für unsere Zwecke immer noch sehr gut nutzen. Wir haben eine große Auswahl an Lebensmitteln und wir sollten sie nutzen. Dabei sollten wir uns von unserem Bauchgefühl leiten lassen und nicht von Tabellen. Wen wir uns vielfältig ernähren, dabei aufgeziekt auf unseren Appetit achten und nichts essen, wonach uns eigentlich gerade gar nicht ist. Denn wenn uns nicht danach ist, dann brauchen wir es auch gerade nicht.
Die große Ausnahme, wo wir dann doch den Kopf wieder einschalten müssen, sind die kalorienreichen Lebensmittel, die wir im Überfluss haben und für die wir keine natürliche Bremse haben. Das betrifft Fleisch, Fett und Kohlenhydrate. Darauf achten, dass man nicht zuviel Fleisch, Kohlenhydrate und Fett zu sich nimmt, ist gut. Aber Achtung! Fleisch, Kohlenhydrate und Fett ganz zu meiden, ist ebenfalls nicht gut. Denn nur weil wir keine Bremse haben, heisst das nicht, dass wir gar kein Fleisch, Kohlenhydrate oder Fette benötigen. Im Gegenteil. Es sind wichtige Energielieferanten und sie enthalten wichtige Zusatzstoffe wie Vitamine und Spurenelemente und sie sind wichtig für den Stoffwechsel. Die Dosis macht das Gift. Veganer zum Beispiel müssen sehr darauf achten, dass der Rest ihrer Nahrung das ausgleicht, dass sie tierische Lebensmittel von vornerein ausschließen.
Die meisten von uns sind Schreibtischtäter. Aber selbst diejenigen unter uns, die regelmäßig Sport treiben, sind weit entfernt von den körperlichen Belastungen eines Berg- oder Landarbeiters des 19. Jahrhunderts. Daher haben wir auch keinen besonderen Bedarf an Kalorien und Spurenelementen. Spitzensportler müssen da mehr Aufwand betreiben, um sich ausgewogener zu ernähren, wie der verlinkte Artikel darstellt. Und sebst dort stellt sich mir die Frage, ob die im Artikel geschilderten Mangelwerte nicht dadurch zustande kommen, dass die Sportler sich massiv nach Plänen ernähren, die fehlerhaft sind, weil eben unser Wissen um Ernährung und die Vorgänge im Körper mangelhaft ist. Vielleicht hätten sie weniger Mangel, wenn sie mehr auf ihren Bauch hören würden. Vielleicht wären sie dann zwar eine Sekunde schneller auf die 200 Meter, aber dafür 10 Jahre länger gesund. Wer weiss das? Es wäre interessant, dazu Studien zu machen.

Zuerst müssen wir also unsere Körper und die unserer Kinder dazu bringen, dass das Bauchgefühl funktionieren kann. Dazu müssen wir schon frühzeitig möglichst viele Lebensmittel kennen lernen. Und davon eine große Varianz. Das beginnt bei den Kindern und hört bei uns aber nicht auf. Kinder können das noch viel besser als wir. Wenn das Kind keinen Broccoli essen möchte, dann braucht es keinen, sonst hätte es Appetit drauf. Wir verlernen viel, weil wir falsch essen. Wir zwängen uns den letzten Rest rein, weil es sonst verkommt, obwohl wir es nicht brauchen. Wir verkneifen uns etwas, auf das wir Appetit haben, weil wir gelesen haben, es sei schädlich.

Warum Imitate schlecht sind

Das schlimmste, was wir tun können, um unser System des Bauchgefühls zu verwirren, sind Imitate und Austauschstoffe. Je perfekter das Imitat, desto schlimmer ist es. Wir schmecken Süßes, aber es kommt kein Zucker. Wir schmecken Fett, aber es kommt keines.
Wenn etwas nach Fleisch schmeckt, aber aber auf pflanzlicher Basis ist, dann hat es eine andere Zusammensetzung und enthält andere Spurenelemente. Man kann Fleisch in großem Maße ersetzen, weil wir in der Regel mehr davon essen, als wir brauchen, da uns da die Bremse fehlt. Aber man sollte Fleisch nicht imitieren. Denn dann essen wir ebenfalls an unserem Bedarf vorbei.
Unser Körper kann sich dann nicht darauf trainieren, welche Stoffe in den Lebensmitteln enthalten sind, wenn es bei gleichem oder ähnlichen Geschmack ganz andere Nährwerte und Inhaltsstoffe sind. In der Folge wissen wir bei einem Mangel nicht mehr, welche Nahrung die richtige wäre.
Zusätzlich ist noch die Frage, was die Austauschstoffe sonst noch alles in unseren Körpern bewirken.

Fazit

Esst, wonach euch gerade ist! Achtet auf Vielfalt! Passt da auf, wo die Bremse fehlt!
Dann werdet ihr euch automatisch gut und gesund ernähren.